Vom Travertinpark zum Max-Eyth-See am 15. Juni 2023

Nach der Brünneles-Tour am 04.Mai war eine weitere Tour in Bad-Cannstatt/Stgt. Münster geplant. Und so startete eine Gruppe am 13. Juni am Stadtbahn-Halt Mühlsteg der U-14 um ein weiteres Kleinod in Stuttgart, den Travertinpark, kennenzulernen.

Der Travertin – was ist das??

Der Travertin, dem der Park seinen Namen verdankt, ist ein besonderer Kalkstein, der durch die Nähe zu den Stuttgarter Mineralquellen entstanden ist, und der viele Jahre lang hier in Cannstatt abgebaut wurde.
Das Stuttgarter Vorkommen an Travertin ist einzigartig in Deutschland. Schon in der Antike nutzten die Menschen hier, vor allem die Römer, den schnell verfügbaren Kalkstein. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Travertin im Stadtteil Hallschlag industriell abgebaut. Bis 2007 wurde der Steinbruch betrieben.
In Stuttgart wurde der Stein z.B. an der Außenfassade der Wilhelma oder der Neuen Staatsgalerie verbaut. Auch die Fassade des Mittnachtbaus in der Innenstadt besteht aus Travertin. So wurde der Kalkstein aus Bad‐Cannstatt in den letzten beiden Jahrhunderten für Bauwerke weit über die Stuttgarter Stadtgrenzen hinaus verwendet z.B.  beim Bau des Nürnberger Märzfeldes (Bahnhof) oder die 14 steinerne Zeitzeugen unterhalb des Parks. Die 15 m hohen „Lauster‐Säulen“.
Zunächst ging es dem Neckar entlang zum und durch das Müll-Heizkraftwerk. An der Neckartalstr. konnten dann die 14 Lauster-Säulen bestaunt werden die 1936 von der Stadt Berlin beim Steinbruch Lauster bestellt aber nie abgeholt wurden.
Weiter führte der Weg teilweise parallel der stillgelegten Industriebahn Münster–Cannstatt hoch zum Travertinpark. Sie war die erste elektrisch betriebene Industriebahn Württembergs.
Von einem Aussichtspunkt konnte der Rest über das Abbaugelände der ehemaligen 3 Steinbrüche überschaut werden.
Weiter ging es zu den noch teilweise vorhandenen Resten des Maschinenparks wie Kranbahnen, große Kreissäge, Steinbearbeitungsgeräte und Reste der Gleisanlage. Nebenbei konnte man von hier oben die wunderschöne Aussicht auf Bad-Cannstatt und einen Teil von Stuttgart genießen. Nun ging es in den Steinbruch wo man noch die Spuren des Abbaus und die verschiedene Färbungen des Kalksteins sehen konnte. Die Zeit verging und es war Zeit weiter zu gehen.

Vorbei an der ehemaligen Zuckerfabrik von der lediglich nur noch zur Bottroper Straße hin Teile der Verwaltungs- und Wohngebäude der ehemaligen Fabrik stehen.
Die Zuckerfabrik Stuttgart wurde 1851 von der Württembergischen Hofbank gegründet. Aufgrund ihres gleichwertigen Zuckergehalts sollten Zuckerrüben zur Zuckergewinnung herangezogen werden. Dies war zwar bereits 1747 erkundet aber es fehlte die Nachfrage. Die Gründung der Zuckerfabrik fiel in eine Zeit, in der die Stuttgarter Schokoladenindustrie aufblühte. Hohe Nachfrage entstand bei den Herstellern Waldbaur, Moser-Roth und Eszet.
1903 wurde das Betriebsgelände am Stuttgarter Nordbahnhof verkauft und der Firmensitz in das damals noch selbstständige Münster verlegt. Dort wurde eine moderne Industrieanlage mit Raffinerie und Gleisanschluss errichtet, der zum an der Schusterbahn gelegenen Bahnhof Münster führte. Ein Großbrand zerstörte die Fabrik im Jahr 1906; Nahezu baugleich wurde die Fabrik wiederhergestellt. Um 1910 konnten aufgrund der hohen Auftragslage  zwischen 200 und 400 Arbeiter beschäftigt werden. 1926 ging die Zuckerfabrik Stuttgart durch Verschmelzungsvertrag in der Süddeutschen-Zucker-AG, später Südzucker AG (dem größten Zuckerfabrikanten Europas), auf. Nach weiteren Bränden wurde die Fabrik 1971 geschlossen. Heute hat Stuttgart keine Zuckerfabrik mehr. Der Betrieb in Münster wurde eingestellt und die Produktionsanlagen größtenteils abgerissen. Stattdessen wird auf dem ehemaligen Betriebsgelände modernes Gewerbe betrieben. Dort hat u. a. die Freie Kunstschule Stuttgart ihren Standort.

Nun führten uns die Wanderführerin hinüber zur Einkehr in der “Alten Ziegelei“. Eine Gastronomie auf dem Gelände der ehemaligen Ziegeleien auf dem Hallschlag. Schon die Römer nutzten den hier vorhandenen Lösslehm zur Herstellung von Tonwaren. Die Ziegelei Höfer fertigte industrielle Ziegelwaren hier bis ca. 1940.
Nach der Einkehr erfolgte der nächste Halt beim “Schusterbähnle“ im Stadtteil Münster. Die Schusterbahn verdankt ihren Namen den Zügen welche die Arbeiter zu den Salamanderwerken in Kornwestheim brachten. Die Bahnstrecke Stuttgart-Untertürkheim–Kornwestheim (regional auch als Schusterbahn  bekannt) ist eine ca. 11, 5 Kilometer lange Güterumgehungsbahn. Die zweigleisige elektrifizierte Hauptbahn verbindet Stuttgart-Untertürkheim mit Kornwestheim und dient als Umgehungsbahn in erster Linie dem Güterverkehr zur Umfahrung des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Die Strecke wurde am 30. September 1896 mit der Einweihung des Bahnhofs in Stuttgart-Münster eröffnet.
Der Weiterweg führte durch eine schöne Gartenanlage hinunter zum Neckar dem wir flussabwärts  folgten.
Am linken Ufer des Neckars in Stuttgart-Münster erreichten wir eine ca. 12 m hohe Wand aus Löß, die als Naturdenkmal Erdgeschichtlicher Aufschluss im Löß Freienstein ausgewiesen worden ist.
Löß ist ein Sediment. Das feine Gestein wurde während der vor rund 30.000 Jahren aus dem Oberrheingraben mit den vorherrschenden Westwinden hierher geweht und abgelagert wurde. Lößböden sind sehr fruchtbar.
Nun gelangte die Gruppe zum ehemaligen Wasserwerk von Feuerbach (heutiges Weingut “Zaiserei“). Am 31. August 1895 wurde dies seiner Bestimmung übergeben und versorgte bis 1935 den aufstrebenden Ort mit Wasser.
Nach Überquerung des Neckars gelangten die Wanderer zum Max-Eyth-See. Dieser entstand in den 1920er Jahren aus einer immer größer werdenden Kiesgrube. Im Zuge der Neckarkanalisierung wurde der See als Stausee genutzt. 1970/71 erfolgte der Ausbau des Geländes zum Naherholungsgebiet. Hier an der U-Bahn Haltestelle endete auch der Industrie-kulturhistorische Wandertag.