Vom Grünen Heiner ins Glemstal am 28. Februar 2016
Wind und Wasserkraft im Strohgäu
Wind und Wasserkraft erkundeten die Wanderfreunde des Bietigheimer Schwarzwaldvereins auf ihrer Wanderung im Strohgäu.
Über 40 Wanderfreunde begaben sich vom S-Bahn Haltepunkt Weilimdorf auf die erste Wanderetappe zum nahen Windradstandort zur Erstbesteigung des „Grünen Heiners“. In unserer heutigen aufgeklärten und erforschten Welt suchte die Wandergruppe des Schwarzwaldvereins nach einer neuen Herausforderung! Dem Alpinismus verfallen wagten sie sich ohne Seil und Sauerstoff an den Aufstieg.
Zügig und schweißtreibend trotz des kühlen Wetters erfolgte der Aufstieg teils auf einem naturbelassenen und später auf dem befestigten Fahrweg hoch zum Windrad. Dieser weithin sichtbare Hügel wurde in den 50-ziger Jahren aus Bauschutt und Erdaushub ca. 85 Meter hochaufgeschüttet und dient seither der Bevölkerung bei entsprechender Wetterlage als markanter Aussichtspunkt.
Von der Aussichtsplattform bot sich der Wandergruppe trotz des etwas trüben Wetters weitreichende Ausblicke über die nähere und weitere Umgebung bis zu den Höhenzügen des Stromberges und Schwäbischen Waldes.
Als guter Windstandort wurde von der GEDA Windkraft eine Enceron 40 Windkraftanlage mit einer Nennleistung von 500 KW errichtet die seit dem 16. März 2000 erstmals Strom lieferte. Mit einer Nabenhöhe von 46 Metern Höhe und einen Rotordurchmesser von 40 Metern wurde die Anlage zu einem Wahrzeichen Weilimdorfs.
Auch als Start und Landeplatz bietet das Plateau des Berges ideale Windverhältnisse für Modellflieger, welche hier ihre funkferngesteuerten Modellflieger ihre Runden drehen lassen.
Während der Rast in dieser luftigen Höhenlage erfuhr die Wandergruppe geschichtliches über die Gemeinde Weilimdorf die heute der größte Stadtteil von Stuttgart ist. Weilimdorfs Geschichte begann schon in der Römerzeit, der alte Ortskern mit seiner Kirche liegt über einem römischen Gutshof, 1243 wurde der Ort erstmals erwähnt.
Auch erfuhr die Wandergruppe, dass noch vor kurzer Zeit die Hänge des Berges, zur Freihaltung, von Burenziegen beweidet wurden.
Nach dem Abstieg führte die Wanderstrecke hinüber nach Ditzingen, um hier auf einem kleinen Rundgang eng nebeneinander vorbildlich restauriertes „Altes“ und neuerbautes zu sehen. Unter anderem das Dreigiebelhaus, das alte Rathaus und die kleine Wichtelbrauerei, deren glänzender kupferner Braukessel die Lust nach einem frischgezapften Gerstentrunk weckte. Ferner die Konstanzer und Speyerer Kirche sowie das Ditzinger Schloss, ursprünglich eine mittelalterliche Burg aus dem 15./16. Jahrhundert. Der Ort selbst wurde 769 erstmals urkundlich erwähnt. Die Glems bildete einst im Ort die Grenze zwischen den Bistümern Konstanz und Speyer, daher auch die beiden Kirchen.
Von hier der Weiterweg Flussauf durch das Mühlenreiche Glemstal. Das Glemstal war einst ab Leonberg bis nach Unterriexingen eines der Mühlen reichsten Täler Württembergs. Von den einst 19 Mühlen sind noch heute noch 9 Mühlen in Betrieb. Hier auf diesem Wegeabschnitt passierten wir die Schlossmühle, die Zechlesmühle, die Tonmühle und die Fleischmühle welche sich noch alle in Betrieb befinden, und deren Vergangenheit teilweise bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht.
Auf Infotafeln konnte sich die Wandergruppe über die Geschichtliche Vergangenheit der Mühlen informieren, statt der Wasserräder erfolgt der Antrieb heute durch leistungsfähige Turbinen zur Stromerzeugung für den Mahlbetrieb.
Sehenswert die noch vorhandenen Mühlkanäle mit ihren Stellfallen, alten Mahlsteinen welche die Zugänge zu den Mühlen säumten und mit etwas Phantasie konnten wir uns in längst vergangene Zeiten zurück versetzen.
Nun ein kleiner Rückblick auf die einzelnen Mühlen, welche wir auf unserem Wanderweg passierten.
Unten in Ditzingen führte als erstes unser Weg zur Schlossmühle, welche als „Schnurrenmüllers Mülln“ erstmals 1350 genannt wurde. Der Mühlkanal speiste einst drei oberschlächtige Wasserräder. Das schöne traufständige Fachwerkgebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert. Heute arbeitet die Mühle mit vier doppelten Walzengängen und einem Schrotgang. Im Mühlenladen können heimische Produkte gekauft werden.
Bald darauf wird die auf der anderen Straßenseite liegende Zechlesmühle passiert, welche 1524 als die „Ölschlähin“ genannt. Die heutige Bezeichnung „Zechlesmühle“ geht auf den früheren Besitzer Ezechlin Siegle zurück. Sie ist die größte Mühle im Glemstal und arbeitet mit acht einfachen und zwei doppelten Walzenstühlen.
Und weiter wandern wir Glemsaufwärts zur Tonmühle. Erstmals 1374 als „muelin ze don“ erwähnt. Ihr Name Tonmühle geht auf das hier starke Gefälle und Rauschen der Glems zurück, was einen lauten Ton erzeugt. Sie arbeitet mit drei einfachen und einem doppelten Walzenstuhl sowie einer Vollkornmühle. Hauptsächlich ist sie auf Vollkornprodukte spezialisiert, angeschlossen ist ein Mühlenladen und eine Einkehrmöglichkeit.
Angenehm der Weiterweg durch das windungsreiche Tal zur Fleischmühle. Diese Mühle gehörte um die Gründerzeit Leonbergs 1248 zusammen mit dem Weiler Tilgshausen zu den ersten Ansiedlungen im mittleren Glemstal. 1526 war die Mühle im Besitz des Hans von Nippenburg aus Schöckingen. Obertonmühle war ihr ursprünglicher Name. Nachdem die Mühle in den Besitz der „Fleischermartins Witwe“ war, wurde sie in Fleischmühle umbenannt. Das historische Mühlwerk und der Mühlkanal sind noch heute vollständig erhalten. Hier wird noch das Mehl nach alter Tradition gemahlen.
Bald wurde auch Höfingen erreicht, 1140 wurde hier erstmals ein Adelsgeschlecht, die Truchsessen von Höfingen erwähnt. Ihre Burg wurde anno 1395 im Schleglerkrieg von Graf Eberhard zerstört, da Johann Truchsess einer der Anführer des Schleglerbundes war. Auf den Grundmauern dieser Burg wurde im 16. Jahrhundert das Höfinger Schloss mit seinem markanten Staffelgiebel errichtet.
In der nahen Glemstal Gastronomie ließen wir mit der Schlusseinkehr den heutigen Wandertag ausklingen, ehe mit der S-Bahn die Heimfahrt angetreten wurde. W. Wachter